"[...] Haben Tim K.s Eltern von seiner Wut gewusst? Nachdem vor knapp zwei Wochen eine Betreuerin der Familie ausgesagt hat, dass die Klinik [...] den Eltern mitgeteilt hat, dass "Tim einen Hass auf die ganze Welt hat und dass er Leute umbringen will", galt diese Frage als beantwortet.

Gestern aber kam eine überraschende Wende: Die 48-jährige Betreuerin widerrief ihre Aussage von vor zwei Wochen und beharrte darauf, dass die Eltern nichts von den Tötungsfantasien gewusst hätten.

Die Angehörigen der Opfer, die Tim K. bei seinem Amoklauf am 11. März 2009 getötet hat, steckten empört die Köpfe zusammen.

Vielmehr sei es so gewesen, führte die Betreuerin weiter aus, dass das Ehepaar K. im August 2009 aus einem psychiatrischen Gutachten über ihren Sohn erfahren habe, dass Tim Tötungsfantasien gehabt haben soll. "Die Familie war so entsetzt über das Gutachten, weil darin steht, dass die Familie darüber informiert worden war", sagte die Betreuerin. "Aber das stimmt nicht."

Der nach eigenen Angaben konsternierte Richter fragte die Betreuerin: "Wer sagt uns, dass es heute stimmt, was Sie sagen?" Unangenehm überrascht zeigte er sich auch darüber, dass die Zeugin Kopien des Gutachtens und der Anklageschrift zu Hause habe. Er fragte die Frau, die bis heute den Angeklagten Jörg K. und seine Frau betreut, ob sie nach ihrer letzten Aussage unter Druck gesetzt worden sei. Dies verneinte die Mitarbeiterin eines Kriseninterventionsteams, das nach dem Amoklauf Betroffene betreute.

In der Verhandlungspause leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen versuchter Strafvereitelung und des Verdachts auf Falschaussage gegen sie ein. Gleich nach der Verhandlung sollte die Polizei ihre Wohnung nach Tagebüchern, Arbeitslisten und weiteren Papieren durchsuchen und die Unterlangen beschlagnahmen. [...]"

Leona Stolterfoht für die Stuttgarter Zeitung, Printausgabe vom 24.11.2010, Seite 19, zum Prozess gegen den Vater von "Tim K.", dem Amokläufer von Winnenden.



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