Das Haus des Dokumentarfilms (Europäisches Medienforum Stuttgart) veranstaltete gestern eine Tagung zum Thema Urheberrecht und Urheberschutz.

Obwohl die Vorträge für Filmschaffende gedacht waren, boten Sie in erster Linie einen rechtlichen Überblick zur Abgrenzung von bloßen Ideen zu geschützten Werken, und über die daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen. Prof. Dr. Thomas Hoeren gab einen ausgezeichneten Überblick über die Rechtslage, die Professor Dr. Norbert P. Flechsig in einen grundsätzlichen Rahmen von Nachahmungsfreiheit und Urheberschutz stellte. (Vor allem vermeintliche) "Plagiate" aus dem Film- und Fernsehbereich waren die konkreten weiteren Themen.

Die Details dieser Veranstaltung kann und möchte ich hier nicht ausbreiten, aber ein Resümee ziehen: Unter dem Strich verblieb zwar eine zentrale Frage ungelöst - wie eine urheberrechtlich (noch) nicht geschützte Idee geschützt werden kann. Doch war die Aufklärung über die Rechtslage und ihre Hintergründe gleichwohl auch für die Praxis hilfreich.

Mir erschloss sich hieraus vor allem die konkrete Argumentationslinie der umstrittenen Entscheidung des OLG Hamm vom 24.08.2004 - 4 U 51/04 - und einmal mehr die Erkenntnis, dass damit nur die konkreten Fragestellungen dieses Einzelfalls behandelt wurden, und damit keine generelle "Lizenz zum Websiteklau" begründet wurde.

Summary: Short report about a conference about film platiatism in Stuttgart (Germany), and a link to <a href="Summary: Addition to these earlier reports.



  

Die Entscheidung des OLG Hamm vom 24.08.2004 - 4 U 51/04 (hier auch bei RA Heng) steht jetzt online zur Einsicht zur Verfügung.

Bei der Lektüre der Entscheidungsgründe, fühlt man sich unwillkürlich in die "Vorwebzeit" zurückversetzt. Es bleibt zu hoffen, dass eine Revision Klarstellung betreiben wird.

Ich vermag ich mich lediglich darin zu wiederholen, dass die Entscheidung (nur) den konkreten Einzelfall betrifft, und sich jeder Imitator bewusst sein sollte, dass kein anderes Gericht in einem anderen Fall an die Entscheidung des OLG Hamm gebunden ist, und zwar weder hinsichtlich der Beurteilung des Werkcharakters einer Website oder von Teilen hieraus noch in derjenigen der (angeblich nicht) unlauteren Ausbeutung fremder Leistungen in einem Wettbewerbsverhältnis.

Markus Völkel (Usability) kommentiert kopfschüttelnd. A2O greift einen besonders unverständlichen Teil der Begründung heraus. Kollege Udo Vetter teilt die hiesige Auffassung, insbesondere die Warnung vor einem angeblichen Freibrief durch die Entscheidung und Thomas Gramespacher kommentiert rechtswissenschaftlich.

Summary: Link to the decision about plagiatism of websites, already described here in Simon's Blawg.



  

Zur aktuellen Plagiatsdiskussion um diese Entscheidung des OLG Hamm um die Verwertung und Imitation dieser Seite sollte man bedenken:

  1. Die Argumentation des Gerichts ist streitbar, und zwar sowohl in der Berurteilung der technischen Vorgänge als auch in den rechtlichen Wertungen.

  2. Man sollte sich deshalb unverändert davor hüten, Verallgemeinerungen hieraus zu formulieren. Denn das Urteil ist nur die Entscheidung des konkreten Einzelfalls mit seinen konkreten Umständen, und nichts anderes.

  3. Hinter dem Maßstab liegen unverändert nicht nur technische und tatsächliche Fakten des konkreten Falls, sondern auch noch einige juristische Fragestellungen, die bislang nicht endgültig ausdiskutiert sind: Vor allem diejenige nach der "Gestaltungshöhe", und dort nach der Untergrenze des Schutzes von einfachen, aber eben noch geschützten geistigen Schöpfungen, der sogenannten "kleinen Münze".

In der deutschen Rechtsprechung und wissenschaftlichen Literatur herrscht über diese Grenze des Mindestschutzes erheblicher Streit. Die europäische Rechtsentwicklung legt dabei nahe, dass sich ein einheitlicher europäischer Werkbegriff mit ebenso einheitlicher Schutzuntergrenze entwickeln wird, der wohl unter den bislang in der deutschen Rechtsprechung angenommenen Grenzen liegen wird.

Bis dahin verbleibt in der Tat ein Abgrenzungsproblem, das Entscheidungen im Einzelfall aber nicht zugunsten eines Plagiators präjudiziert, jedoch Rechtsunsicherheit - für beide Seiten - zur Folge hat.

(Die Frage der Gestaltungshöhe war bereits Gegenstand dieses Weblogs: "Zum Urheberrecht an Webloginhalten".)

  1. Vergessen werden sollte schließlich auch nicht, dass der Urheberschutz nur ein rechtlicher Aspekt ist.

Daneben sind immer auch weitergehende Rechtsfragen zu prüfen: so ist die Übernahme des Designs der Website eines Wettbewerbers im geschäftlichen Verkehr meiner Meinung nach zweifellos wettbewerbswidrig - und zwar unabhängig von der Frage der Urheberschutzfähigkeit. Daraus rechtfertigt sich ggf. ebenfalls ein entsprechender Unterlassungsanspruch, der durch Abmahnung, einstweiligen Rechtschutz und Klage unterbunden werden kann (vgl. auch den Kommentar von Ulrich Zaller hier).

Das OLG Hamm laviert sich insoweit heraus, in dem es angeblich zu wenig Vortrag des Klägers hierzu ausmachen will - wenn dem so wäre, fragt man sich unwillkürlich, ob dann nicht ein richterlicher Hinweis hätte erfolgen müssen, um die Sache in einem solch zentralen Punkt weitergehend aufzuklären, bevor auf der Grundlage von Formalitäten statt in der Sache selbst entschieden wird.

  1. Einen Freibrief stellt die Entscheidung des OLG Hamm deshalb unverändert nicht dar. Bei entsprechenden Reaktionen aus der Netzwelt dürfte für den "Imitator" deshalb in der Regel unverändert gelten: "Dumm geklaut hält nicht lang" (die "Imitiation" ist derzeit vom Netz und wird offenbar "überarbeitet").

Summary: Link and discussion about reports concerning a sentence, alleged to allow plagiatism of website-design. The decision has now been published. I recommend not to generalize.

[via Markus Völkel - Usability Inside]